Das Mädchen Mini besuchte seit kurzem die fünfte Klasse einer Gemeinschaftsschule.

An dieser Schule haben alle Kinder dieser Klassenstufe vier Wochen lang auf dem Umweltbildungszentrum „Listhof“ Unterricht und dürfen dort mitarbeiten. Sie legen Beete an, ernten Gemüse, bauen Unterkünfte für die Tiere und versorgen die Tiere, die dort leben.

Am Ende dieser Zeit wird das Erlebte den anderen Mitschülern in einer Präsentation vorgetragen.

Im April war Mini an der Reihe, doch das Mädchen wollte nicht zu diesem Hof, denn dann würde sie Ihre Freundinnen nicht sehen und lernen konnte sie dort bestimmt auch nichts. So dachte sie jedenfalls.

Also startete sie am ersten Morgen ihrer Listhof-Zeit eher lustlos, was sehr ungewöhnlich war, denn normalerweise ging Mini gerne zur Schule.

Bei der ersten Erkundung des Geländes fand einer der Mitschüler dann einen Knochen. Es war der ausgeblichene Schädel eines Maulwurfs.

Das fand Mini ungeheuer spannend und weil der Junge den Schädel nicht wollte, verschenkte er ihn.

Als Mini am Nachmittag nach Hause kam und ihrer Mutter den Schädel zeigte war Minis Laune schon viel besser.

Doch auch am nächsten Morgen hatte Mini so ihre Bedenken ob sie sich denn auf den Unterricht am Listhof freuen sollte. Was sollte da noch Tolles passieren?

Also fuhr sie auch am zweiten Tag eher skeptisch mit ihrem Rad zur Schule.

Die Arbeit bei den Tieren machte ihr eigentlich schon Spass. Mini war mit mehreren Kindern bei den Hühnern und Enten eingeteilt. Im Hühnergehege lebten auch die Laufente „Flocke“ und der Stockenten-Erpel Felix.

DSCN3057

Die Ställe mussten gereinigt werden, die Tiere gefüttert und dann mussten noch die Eier eingesammelt werden.

Als bereits alle Hühnereier gefunden waren, brachte eins der Kinder noch ein ungewöhnlich großes Ei. Sie zeigten es dem Listhof-Mitarbeiter und dieser sagte ihnen, dass es sich um ein Entenei handle und dass die Kinder es behalten könnten, da es nicht verkauft werden könne.

Außer Mini wollte jedoch niemand das Ei haben und so legte Mini das Ei in eine Schachtel und fuhr am Ende des Schultages vorsichtig balancierend mit dem Fahrrad nach Hause.

Freudestrahlend kam Sie zu Hause an und erklärte ihrer Mutter: „ Mama, wir müssen das Ei ausbrüten!“

„Wie soll das gehen?“ fragte die Mutter „ Wir können das Ei doch nicht in den Backofen oder ins Bett legen. Ich weiß doch gar nicht wie warm es das Ei haben muss. Und wir wissen doch auch gar nicht, ob das Ei befruchtet ist“

Doch dann hatte die Mutter eine Idee. In der Zeit vor Ostern werden im Naturkundemuseum immer Hühnereier in einem Brutkasten ausgebrütet.

Also sagte sie zu Mini: „ Geh mit dem Ei in die Stadt und frag im Museum nach, ob es dort in den Brutkasten gelegt werden kann.“ Noch nie war Mini alleine in die Stadt gegangen und auch den Weg zum Museum war sie bisher immer nur in Begleitung gewesen. Doch das Ei war ihr wichtig und so machte sie sich sofort auf den Weg. Diesmal ging sie aber lieber zu Fuss.

Das Museum zu finden war ganz einfach. Und auch dort jemanden anzusprechen war eigentlich gar nicht schlimm.

Als Mini später nach Hause kam hatte sie das Entenei jedoch wieder mitgebracht.

„Hat es nicht geklappt?“ fragte die Mutter „oder hast Du den Weg nicht gefunden?“

„Doch,“ sagte Mini „die Mitarbeiter wollen sich das überlegen und miteinander besprechen und dann rufen sie morgen bei uns an.“

„Hast Du Ihnen denn unsere Telefon-Nummer gegeben?“ wollte die Mutter wissen.

„Ja, aber ich habe Ihnen nicht meinen richtigen Namen gesagt, denn das sind doch Fremde.“ sagte Mini.

„Oh, na das hast Du ja gut hinbekommen. Und macht es nichts wenn das Ei so lange kühl bleibt?“

„Nö, das macht nix, denn die Enten fangen erst an zu brüten wenn alle Eier gelegt sind.“

Nun, da hast Du heute aber ganz schön viel gelernt, dachte die Mutter und war sehr stolz auf Mini.

Am nächsten Tag meldete sich Frau Schwimmer vom Naturkundemuseum und fragte nach Vicky. „ Ah, Sie meinen Mini“ sagte die Mutter und erklärte Frau Schwimmer die Sache mit dem falschen Namen.

„Dann darf also Mini das Ei heute Nachmittag vorbeibringen. Wir haben noch einen zweiten Brutkasten und wollen gerne versuchen das Ei auszubrüten. Allerdings haben wir keine Erfahrung mit Enteneiern und darum kann es sein, dass es nicht klappt“ sagte Frau Schwimmer. „In einer Woche darf Mini wieder kommen und dann kann man schon sehen, ob das Ei überhaupt befruchtet ist.“

DSCN7641

Eine Woche später fuhren Mini und Ihre Mutter in die Stadt und trafen sich mit Frau Schwimmer. Sie wurden zu dem zweiten Brutkasten geführt und da lag das Entenei.

Frau Schwimmer holte es vorsichtig heraus und leuchtete es mit einer kräftigen Lampe an.

Mini konnte so geschlängelte Striche im Ei erkennen. „Das sind Blutgefäße“ sagte Frau Schwimmer. „Das bedeutet, dass das Ei befruchtet ist und sich jetzt ein kleines Entenküken entwickelt. Wenn alles gut geht schlüpft das Küken in drei Wochen aus.“

Da war Minis Vorfreude groß!

Minis Mutter sorgte sich jedoch um die spätere Unterbringung der jungen Ente und so sprach sie mit dem Leiter des Listhofs. Dieser wunderte sich zunächst, denn er dachte das verschenkte Ei sei gegessen worden, doch er stimmte zu die junge Ente auf dem Listhof aufzunehmen, wenn sie erst groß genug sei.

DSCN2995

In den folgenden drei Wochen wurde bei Mini zu Hause alles für das Küken vorbereitet.

Mini baute gemeinsam mit ihren Eltern zwei Gehege: Eins für die Wohnung und ein größeres für den Garten.

Dann wurde noch eine Wärmelampe und Futter für Entenküken gekauft. Außerdem hat die Familie viel über die Aufzucht von Enten gelesen.

Gut vorbereitet warteten dann alle gespannt darauf, dass Frau Schwimmer sich meldet.

Am ersten Mai war es dann soweit. Das Küken war am frühen Morgen geschlüpft und Mini holte es gemeinsam mit ihrem Papa ab. Es war noch sehr müde und erschöpft.

DSCN3086 DSCN3092

 

In den kommenden Tagen entwickelte sich das Entenküken sehr schnell zu einem lebendigen und aufgeweckten Tier. Es konnte von Anfang an selbständig fressen und watscheln, hatte weiche Daunenfedern und konnte auch schon bald schwimmen. Mini gab ihm den Namen „Flo“.

DSCF2145

Beim täglichen Wiegen staunte Mini darüber wie schnell Flo zunahm.

IMG_1284

Bald konnte er an warmen Tagen draußen sein und lernte die nähere Umgebung kennen. Er durfte auch einen Ausflug zum Georgenberg machen, wo Mini und ihre Eltern oft das Wochenende verbringen. Flo folgte Mini überall hin.DSCN3129 DSCN7705

Doch nach vier Wochen war aus dem winzigen Küken ein stattlicher Erpel geworden und es wurde Zeit ihn zu seinem neuen Zuhause zum Listhof zu bringen. Es war nicht einfach für Flo sich an die neue Umgebung und die anderen Tiere zu gewöhnen, denn er kannte ja vor allem die Menschen.

Er lebte sich aber mit der Zeit ein und fühlte sich in der Nähe seines Vaters Felix und den Hühnern sehr wohl.

In der Präsentation erklärte Mini ihren Mitschüler den Unterschied zwischen Laufenten und Stockenten. Flo hat sie natürlich an diesem Tag in die Schule begleitet.

Wenn es das SchulHof-Projekt nicht geben würde, dann wäre Flo niemals ausgebrütet worden. Und darum ist Mini inzwischen sehr froh über ihre Zeit am Listhof und gelernt hat sie dadurch übrigens jede Menge!

DSCN3586